Information zum Urteil zum Tarifeinheitsgesetz
19.07.2017
In seiner Entscheidung vom 11.07.2017 hat das Bundesverfassungsgericht bestätigt, dass die Regelungen des Tarifeinheitsgesetzes (TEG) weitgehend mit dem Grundgesetz (Art. 9 Abs. 3) vereinbar sind. Gegen das Gesetz, welches regelt, dass im Fall der Kollision mehrerer geltender Tarifverträge im Betrieb der Tarifvertrag derjenigen Gewerkschaft verdrängt wird, die weniger Mitglieder im Betrieb vereinigt, hatten unter anderem Berufsgruppen- und Branchengewerkschaften Verfassungsbeschwerden eingelegt.
Klaus Dauderstädt, Bundesvorsitzender des dbb, bezeichnete die Entscheidung als „schwer nachvollziehbar“. Er sieht sowohl eine erhöhte Belastung auf die Arbeitsgerichte zukommen als auch eine verschärfte Konkurrenzsituation zwischen den verschiedenen Gewerkschaften entstehen. Da im Gesetzesentwurf keine Vorkehrung getroffen wurde, wie die Interessen von Minderheitsgewerkschaften gewahrt werden können, wurde der Gesetzgeber zur Nachbesserung bis zum 31.12.2018 aufgefordert.
Dies betrifft die Regelungen im § 4a zur Tarifkollision. Hier wird ausgeführt: „Soweit sich die Geltungsbereiche nicht inhaltsgleicher Tarifverträge verschiedener Gewerkschaften überschneiden (kollidierende Tarifverträge), sind im Betrieb nur die Rechtsnormen des Tarifvertrags derjenigen Gewerkschaft anwendbar, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des zuletzt abgeschlossenen kollidierenden Tarifvertrags im Betrieb die meisten in einem Arbeitsverhältnis stehenden Mitglieder hat.“ Minderheitsgewerkschaften müssen jedoch vor Abschluss eines Tarifvertrages bezüglich Vorstellungen und Forderungen angehört werden. Sie haben zudem das Recht, den mit ihrem Tarifvertrag kollidierenden Tarifvertrag der Mehrheitsgewerkschaft nachzuzeichnen. Auch wenn die Regelung nicht als verfassungswidrig im Sinne der Koalitionsfreiheit nach Art. 9 des Grundgesetzes - der Grundlage für berufspolitische und gewerkschaftliche Zusammenschlüsse - eingeschätzt wurde, erkennt das Bundesverfassungsgericht doch eine Regelungsbedürftigkeit in Bezug auf die Interessenwahrung von Minderheitsgewerkschaften an. In der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichtes heißt es dazu: „Bis zu einer Neuregelung darf die Vorschrift daher nur mit der Maßgabe angewendet werden, dass eine Verdrängungswirkung erst in Betracht kommt, wenn plausibel dargelegt werden kann, dass die Mehrheitsgewerkschaft die Interessen der Berufsgruppen, deren Tarifvertrag verdrängt wird, ernsthaft und wirksam in ihrem Tarifvertrag berücksichtigt hat.“
Hier kann die Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichtes abgerufen werden:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2017/bvg17-057.html
Das Flugblatt des dbb zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ist hier abrufbar:
http://dokumente.dbb.de/dokumente/geschaeftsbereich_tarif/2017/Flugblatt_Tarifeinheitsgesetz_2017_Nr1_dbb.pdf
Allgemeine Informationen zum Tarifeinheitsgesetz stellt der dbb hier bereit:
http://www.dbb.de/politik-positionen/tarifeinheit.html
Mit kollegialen Grüßen
Matthias Stock
1. Vorsitzender
Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit e. V.
Landesverband Sachsen